Research Article

Sozial engagierte Kunst, Post-Truth und die Monumentalisierung der Demokratie

Zusammenfassung

2021 waren erstmals ausschließlich Kunstkollektive für den Turner Prize nominiert. So wurde Autorschaft gleichsam ’demokratisiert´, indem die Kontrolle über die künstlerische Arbeit an Nicht-Künstler abgegeben hatten. Gerade bei einem derart prestigeträchtigen Preis wie dem Turner Prize wurde dieser erklärte Kontrollverzicht, den das kollektive Arbeiten mit unterschiedlichen Gruppierungen mit sich bringt, als ethisch wertvoll erachtet. Gilt der Kontrollverzicht doch als egalitär und nicht hierarchisch. Wir argumentieren dagegen, dass der wachsende institutionelle Erfolg von sozial engagierter Kunst ein Spannungsverhältnis erzeugt zwischen der Notwenigkeit ethisch Gutes zu tun, und zwar auf möglichst authentische Weise, und einer gewissen Unaufrichtigkeit, die Projekten innewohnt, die künstlerische Expertise angeblich zugunsten egalitärer Prozesse aufzugeben. Wir möchten zeigen, dass es nicht primär die kollektiven Prozesse selbst sind, die sozial engagierte Kunst in den Bereich des Postfaktischen drängen, verantwortlich hierfür ist vielmehr die allgemeine Überhöhung von Demokratie und Gleichheit. Dabei kommen wir zu dem Schluss, dass sozial engagierte Kunst eine dialektische Spannung zwischen Vorstellungen von Gleichheit und der Produktion von Wahrheit als kulturellem Wert beibehalten muss: eine Dialektik, die die behutsame Wiederherstellung künstlerischer Autorschaft und eine ehrlichere Vision politischer Ambitionen und Bedeutungen verbindet.

Schlagworte

2023 (1)

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