Research Article

Der Einfluss von politischem Engagement auf die künstlerische Reputation. Selbsteinschätzungen von Künstlern

Zusammenfassung

Obwohl sich viele Wissenschaftler mit politischer Kunst befassen, fehlt eine eingehende Analyse der Art und Weise, wie sich Künstler politisch äußern und ihren politischen Ausdruck als Teil ihrer künstlerischen Reputation bewerten. Wie bewerten Künstler ihr politisches Handeln im Hinblick auf ihre künstlerische Reputation, und warum? Ein vielversprechender theoretischer Zugang zu dieser Frage ist die Feldtheorie von Pierre Bourdieu. Wir haben sein Konzept des feldspezifischen symbolischen Kapitals in der kulturellen Produktion genutzt, um politische Äußerungen von Künstlern zu untersuchen; die Ergebnisse basieren auf empirischen Untersuchungen in Hamburg, Hannover, Jerusalem und Tel Aviv. In früheren Veröffentlichungen dieses mehrstufigen Forschungsprojekts haben wir fünf Künstlertypen identifiziert, die auf unterschiedliche Weise in die städtische Politik involviert sind – der autonome Künstler, der soziale Artivist, der politische Künstler, der politische Artivist und der Künstler mit hohem Status. In
dieser Phase bewerten wir ihr politisches Verhalten als als Beitrag zur Bestimmung des
symbolischen Kapitals. Dabei kamen wir zu dem Ergebnis, dass autonome Künstler
politisches Handeln als nachteilig für ihr symbolisches Kapital ablehnen. Künstler mit
hohem Status haben eine so hohe künstlerische Position, dass sie eine mögliche Schädigung
ihres Rufs durch ihre politischen Aktivitäten ignorieren können. Soziale Künstler sind der
Meinung, dass offenes politisches Handeln ihrem symbolischen Kapital schaden könnte,
und wir bezeichnen ihr politisches künstlerisches Handeln als soziale Kunst. Politische
Künstler erklären, dass ihr Kunstwerk politisch ist, und dass dies ihr symbolisches Kapital
fördere, solange ihre politischen Äußerungen auf ihr Kunstwerk beschränkt seien und nicht
als persönliche Äußerungen angesehen würden. Politische Künstler ziehen keine Grenze
zwischen ihren Kunstwerken und persönlichen politischen Äußerungen, da sie beides
als reputationsfördernd verstehen. Eine negative Korrelation zwischen künstlerischer
Autonomie und politischer Heteronomie im Kunstbereich erscheint daher als zu einfach.

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